Wie ein Freiwilligendienst in Georgien Esthers Blick auf Politik verändert

Esther Georgien

Die 19-jährige Esther macht derzeit mit Don Bosco Volunteers einen Freiwilligendienst in Georgien. Viele Menschen gehen dort aktuell gegen die Politik der Regierung auf die Straße. Wie sie das beeinflusst, erklärt Esther im Interview.

Du machst ja gerade deinen Freiwilligendienst in Georgien. Die politische Situation dort ist gerade auch in Deutschland häufiger in den Nachrichten. Was ist da gerade los?

Georgien ist ein Land zwischen Europa und Asien und teilt sich das wunderschöne Kaukasus-Gebirge unter anderem mit Russland. Derzeit gibt es hier massive Proteste, ausgelöst durch die Entscheidung der Regierung, die lang ersehnten EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 zu verschieben. Die Kritik richtet sich gegen die pro-russische Regierungspartei „Georgischer Traum“, der Wahlbetrug vorgeworfen wird und die das Land politisch in eine sowjetische Vergangenheit zurückführen will.

Inwiefern bekommst du davon was mit?

Die Demonstrationen hier in Tbilisi sind riesig. Mehrere Tausend Georgier gehen jeden Abend in Tbilisi auf die Straße und kämpfen für ihre Rechte. Das macht die Anspannung in der Stadt deutlich spürbar. Ich darf selber nicht bei den Demonstrationen teilnehmen, sondern bekomme täglich durch Nachrichten und Berichte von Demonstrierenden mit, was für schreckliche und gewaltsame Sachen dort passieren. Viele Gespräche mit meiner georgischen Kollegin hier im Projekt bringen mir die Wut, aber auch den starken Willen der Georgier in die EU zu kommen nah …

Hat sich dein Blick  auf Politik verändert, seit du in Georgien bist?

Ich bin selber im Kaukasus auf der russischen Seite aufgewachsen bis ich sieben Jahre alt war. Aus diesem Grund hatte ich schon früh einen Bezug zur Politik Russlands. Alles in diesem Zusammenhang hat mich natürlicherweise interessiert. Trotzdem waren Politik und Geschichte leider nicht so meine Lieblingsfächer und während der Schulzeit hab ich diese Bildung nicht so geschätzt, wie sie es verdient hat. Seitdem ich hier bin, bin ich echt froh, so einen hochwertigen Politik- und Geschichtsunterricht genossen zu haben. Jetzt, wo ich nochmal mehr in direktem Kontakt mit (inter-)nationalen Konflikten zu tun habe, hab ich automatisch großes Interesse, über Politik in der Welt Bescheid zu wissen und nicht abzustumpfen durch diesen einfachen und massenhaften Medienkonsum.

Esther ist 19 Jahre alt und macht aktuell einen Freiwilligendienst in einer Einrichtung der Salesianer Don Boscos in Tbilisi, Georgien. Über ihre Erfahrungen spricht sie zusammen mit Don Bosco Volunteer Simion, der seinen Freiwilligendienst in Uganda macht, im Podcast „Insights“, z.B. in der Folge „Wie wichtig ist Politik für ein Auslandsjahr“. Über ihr Jahr im Ausland sagt sie: „In meinem Freiwilligendienst bringe ich Erstklässlern die georgischen Buchstaben bei, die ich auch gerade erst gelernt habe, trinke (manchmal imaginären) Tee mit den Kids, lache gemeinsam mit meinen Deutsch- und Englischstudenten über Grammatik und wiederhole ständig die gleichen Akkorde mit meinen Gitarrenschülern.“

Interview: Ulla Fricke; Foto: privat

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